Fotografie in Kinderhand
Fotografieren mit Kindern macht Spaß! Aber bevor in der Praxis munter losgeknipst wird sollte man sich im Team Gedanken über Konzepte, Projektideen und Voraussetzungen machen.
Demnächst erscheint in der TPS (voraussichtlich Ausgabe 08/16) ein ausführlicher Artikel zum Fotografieren mit Kindern. Da in einem Printmagazin natürlich nicht unendlich Platz zur Verfügung steht möchte ich nun hier die Gelegenheit nutzen um einige Punkte etwas genauer auszuführen und ergänzende Hinweise zu geben.
Voraussetzungen für die Fotoarbeit
Kamera mit Zubehör
Achten sie auf leichte, kleine, robuste Geräte. Spezielle „Kinderkameras“ sind jedoch nicht sinnvoll. Sie sind zu teuer, oft klobig und enthalten eine schlechte Technik. Auch die integrierten Spiele haben in einer Kamera nichts verloren. Kinder sollten direkt den Umgang mit einer richtigen Kamera erlernen. Alternativ bieten sich Tablets mit einer rückseitigen Kamera an. Als Ergänzung zur Kamera bietet sich ein Kameragurt an. Es ist besser mehrere Kameras zur Verfügung zu haben. Gut wären 2-3 für maximal 6 Kinder.
ergänzende technische Geräte
Neben einer guten Kamera mit passender Speicherkarte (auf die Lese- und Schreibgeschwindigkeit achten) wird ein Computer als Speicherort benötigt. Zum Datentransfer sollte entweder ein Verbindungskabel zur Kamera oder ein Lesegerät für die Speicherkarte vorhanden sein. Ergänzend empfiehlt sich die Anschaffung eines Beamers sowie eines Stativs.
begeistertes Personal
Nur wer selbst Freude und Spaß am Fotografieren hat, kann dies auch an Kinder vermitteln. Es kommt weniger darauf an, dass man selbst gute Fotos macht, als auf die Bereitschaft sich auf den Prozess des Fotografierens einzulassen und mit den Kindern auf Entdeckungsreise zu gehen.
Raum/ Räume
Für reine Fotoprojekte bzw. die Sichtung der Fotos müssen Räume zur Verfügung stehen. Diese sollten im Idealfall zu verdunkeln sein und keine Durchgangsräume sein. Der Gruppenraum ist für eine intensive, konzentrierte Arbeit nicht geeignet.
Fachwissen/ Bedienwissen
Die mit der Fotoarbeit betrauten pädagogischen Fachkräfte sollten Wissen über die Grundfunktionen der verwendeten Kameras sowie über fotografische Grundlagen besitzen. So sind sie in der Lage den Kindern hilfreiche Tips zu geben und sie bestmöglich zu unterstützen.
Zeit
Für die Fotoarbeit sollte viel Zeit eingeplant werden. Nicht nur für das Fotografieren und die Aktionen mit den Kindern selbst, sondern auch für das Sortieren, Löschen, Nachbearbeiten, Speichern und Ausdrucken.
finanzielle Ressourcen
Fotografien kosten Geld. Ob es sich lohnt in einen guten Farbdrucker zu investieren um fertig gestaltete Portfolioseiten zu drucken oder ob die Fotos entwickelt werden ist sicherlich neben einer Rechenaufgabe vom Nutzwert für die Einrichtung abhängig. Generell sollte nur ein Bruchteil der tatsächlich aufgenommenen Fotos auch entwickelt werden. Sonst werden die Kosten schnell viel zu hoch.
Regeln & Umsetzungsrahmen
Für die Fotoarbeit in Kinderhand ist es wichtig zuvor ein Konzept für die Einrichtung zu erarbeiten. Welche Lernchancen bieten sich den Kindern? Was ist für uns das Wichtigste, worin wollen wir unterstützen? Es sollten im Umgang in der ganzen Einrichtung pro Altersstufe einheitliche Regeln gelten. Auch in welchem Rahmen das Fotografieren eingesetzt wird und zu welchen Zwecken sollte zuvor festgehalten werden, damit eine Grundorientierung vorhanden ist.
Foto-Ideen
Was ist groß, was ist klein?
Mit der Kamera können die tatsächlich herrschenden Bedingungen verändert werden. Durch Nahaufnahmen, Ausnutzung der Tiefenebenen oder Aufnahmepositionen können kleine Objekte groß wirken, und große Dinge klein. Für Kinder ist es spannend zu experimentieren warum das so ist, und auszutesten wie sie z.B. größer wie ein Baum sein können. In einer solchen Einheit ginge es vordergründig um das Forschen und Experimentieren mit Wahrnehmung und deren Manipulation durch die Fotos.
Mache ein Foto von…
Aufträge sind für Kinder spannend. Eine Schnitzeljagt mit Fotos, oder Serienaufnahmen von bestimmten Objekten, Farben oder Mustern sind spannend. Solche Aufgabenstellungen helfen Kindern die Umwelt konzentriert wahrzunehmen und auf Details zu achten, die ihnen zuvor vielleicht nicht bewusst waren. Was ist alles braun im Kindergarten? Wo findet ihr Blumen? Die Alltagswelt wird so neu entdeckt.
Formen und Farben
Werden in der Einrichtung gerade Formen oder Farben genauer untersucht können Fotos eingesetzt werden um Formen und Farben festzuhalten. Den Kindern wird ihre Form aus Pappe/ Karton mitgegeben bzw. ein Stück Karton in ihrer Farbe. Nun gehen sie auf der Suche nach dieser Farbe/ Form im Kindergarten. Wo kommt es vor? Ist es alleine oder Teil von etwas? Spannend ist es auch, wenn die Kinder Zuhause auf Form/ Farbjagd gehen und die Fotos mitbringen. Aus den gesammelten Bildern können dann Farb bzw. Formcollagen entstehen oder ein kleines Bilderbuch mit Geschichten oder Reimen zu den einzelnen Fotos. Hierbei steht nicht nur das Auffinden der Formen/ Farben im Vordergrund, sondern die Auseinandersetzung mit der Form/ Farbe in einem kreativen Prozess. Es ist auch möglich die gefundenen Gegenstände (soweit möglich) zusammenzutragen und dann in Gruppen sortiert zu fotografieren.
Bilderbuch
Gerade für jüngere Kinder bietet es sich an, wenn ein Thema bearbeitet wird die Ergebnisse in Form eines Bilderbuches festzuhalten. Z.B. das Thema Fahrzeuge. Welche Fahrzeuge gibt es in der Kita und in der näheren Umgebung? Welche Unterschiede gibt es um sie zu unterscheiden? Die Kamera kann das Fahrzeug im Ganzen festhalten und dazu noch Detailbilder. Im Anschluss können aus den Bildern reine Bilderbücher entstehen. Auf einer Seite die Gesamtaufnahme, auf der anderen Detailfotos. So können die Kinder auch nach Abschluss des Projektes die Ergebnisse betrachten und ihr Wissen um Fachbegriffe wie etwa Motor, Auspuff usw. erweitern. Das Thema des Bilderbuches richtet sich dabei natürlich nach dem Interesse der Kinder und den gerade stattfindenden Projekten. Weitere Inhalte könnten z.B. sein: Tiere, Pflanzen, Jungs und Mädchen
Foto-Anleitung
Diese Foto-Idee ist vielfältig einsetzbar. Etwa im Konstruktionsbereich, der Küche oder Malbereich. Kinder haben Freude an selbsttätigem Tun. Eine Foto-Anleitung eines Rezeptes oder einer Bauanleitung helfen ihnen mit Anleitung, aber ohne direkte Hilfe der pädagogischen Fachkräfte etwas zu tun. So kann etwa ein Foto-Kuchenrezept genutzt werden um Kindern ein Rezept zu erschließen. Hierbei werden alle Zutaten und Arbeitsschritte festgehalten, so dass Mengen, Arbeitsgeräte, Zeiten und Handlungen ersichtlich werden. Im Konstruktionsbereich könnten auf diese Art Schritt-für-Schritt Bauanleitungen von Kindern für Kinder entstehen. Oder im Bad eine Anleitung zum Händewaschen. Die Anleitung kann natürlich von ErzieherInnen für Kinder gestaltet werden, spannender ist es jedoch, wenn die Kinder in den Prozess einbezogen sind und sich überlegen wann ein neues Foto gebraucht wird und wie es aufgenommen werden muss um deutlich zu zeigen, was gemeint ist.
Mein Tag im…
Ein Kind, eine Kamera, ein Tag. Für einen Tag darf ein Kind die Kamera überall hin mitnehmen und Bilder von allem aufnehmen, was es an diesem Tag tut, oder was ihm wichtig ist. Dies kann einfach ein Tag im Kindergarten sein, aber auch auf einem Ausflug wie z.B. im Wald. Es darf einfach einen ganzen Tag dokumentieren. Andere Kinder oder ErzieherInnen dürfen natürlich unterstützen. Diese Idee eignet sich für ältere Kinder. Je nach Zielsetzung kann es sinnvoll sein bei der Nachbereitung mit dem Kind nur eine bestimmte Anzahl an Bildern auszuwählen. Durch diese Aktion kann das Kind zeigen was ihm im Tagesablauf wichtig ist. Mit welchen Kindern es gespielt hat, was es gespielt hat, was ihm wichtig genug war, um es festzuhalten. Dies ermöglicht den Bezugserziehern einmalige Einblicke in die Sicht des Kindes und kann wunderbar zur Dokumentation im Portfolio genutzt werden.
Was haben Sie in Ihrer Einrichtung bereits ausprobiert? Welche Erfahrungen mit dem Fotografieren in Kinderhand gemacht? Ich freue mich über alle Kommentare!
Literatur- und Linktipps
Literatur
Bostelmann, A. & Fink, M. (2014). Digital Genial. Erste Schritte mit Neuen Medien im Kindergarten. Berlin: Bananenblau
Ebert, M. (2014). Fotografieren für Kinder. Kinder entdecken die Welt der Fotografie und wie man die Welt fotografiert. Heidelberg: dpunkt.verlag
Links
Video zum Fotografieren mit Kindern mit Sandra Abend und Michael Ebert.
Theorie & Praxisideen „Kreative Foto-Projekte mit Kindern“
Medienpädagogik Praxis Blog. Hier finden sich Foto-Ideen unter Praxis-Projekte.
Kamerakinder NRW. Tolle Seite für Kinder aber auch Nützliches zur Foto-Pädagogik.
Kinderfotopreis. In verschiedenen Regionen Deutschlands ist die Teilnahme möglich. Hier gibt es auch Foto-Tips.
Beim Landesmedienzentrum Baden-Württemberg gibt es mehrere Grundlagenartikel zur Fotografie. Sowie Stundenentwürfe für die Schule zum Thema Fotografie, die als Inspiration für die Foto-Arbeit im Hort dienen können.
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