Gedanken zur Qualität im Bildungsbereich I
Instrumente und Methoden der Qualitätsentwicklung, der Qualitätssicherung und der Qualitätsmessung, also des Qualitätsmanagements ebenso wie die damit vielfach im Zusammenhang stehenden Fragen einer Zertifizierung beschäftigen Tageseinrichtungen für Kinder und ihre Träger.
(Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, 2000, aus Kindergartenpädagogik Online Handbuch)
Mit den Bemühungen der Kindertageseinrichtungen ein Qualitätsmanagement zu etablieren und so die Qualität ihrer Arbeit zu sichern hatte ich selbst in der Praxis schon Berührungspunkte. Im Rahmen meines Studiums habe ich mich nun mit dem Thema Qualität erneut, auf fachlicher Ebene, auseinandergesetzt und möchte meine Gedanken dazu hier festhalten. Vielleicht stößt es ja die eine oder andere Diskussion hier auf dem Blog oder in ihrer Praxis an.
Begriff & Definitionen
Das Wort Qualität ist abgeleitet vom laterinischen qualis = wie beschaffen, qualitas = Beschaffenheit, Verhältnis, Eigenschaft. Der Begriff „Qualität“ entstand im 16. Jahrhundert und ist ein werturteilsfreies Konstrukt, welches etwas über die Beschaffenheit eines Gegenstandes/ Prozesses aussagt, nicht über den Gegenstand oder Prozess selbst. Qualität ist dabei immer vom jeweiligen Kontext in dem sie verwendet wird abhängig. In der ISO 8402 (wurde im Dez 2000 durch ISO 9000 ersetzt) wird Qualität wie folgt definiert:
Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse beziehen.
Qualität ist demnach ein normativ gesetzter Zustand. Im Feld der pädagogischen Dienstleistungen ist Qualität immer ein Aushandlungsprozess zwischen wissenschaftlicher Theorie und subjektiven, gesellschaftlichen oder politischen Interessen. Fachpersonal, Träger und Klienten müssen zunächst aushandeln was Qualität ist und wie sie umgesetzt wird.
Heute wird der Begriff Qualität jedoch häufig mit „guter Qualität“ gleichgesetzt. Diese gute Qualität zu erreichen ist in allen gesellschaftlichen Bereichen angestrebt, aber auch viel diskutiert. Was zeichnet gute Qualität aus? Wann ist sie erreicht, und woran wird sie gemessen? Es gibt unzählige Fragen die in diesem Zuge gestellt werden können. Qualität wird hierdurch zu einer Optimierungskategorie. Im Rahmen der Übertragung und Anwendung der ISO Normen bei sozialen Dienstleistungen kam die Frage nach Qualität und Qualitätssicherung auch in Kinderbetreuungseinrichtungen auf. Es wurde begonnen Standards für die eigene pädagogische Arbeit und ihre Prozesse festzulegen anhand derer die Qualität der Einrichtung gemessen werden kann. Bei diesem Vorgehen geht es zum einen um den Gegenstand der Optimierung (Was ist relevant an welchem Prozess?) und den Maßstab der Optimierung (Was wäre das Optimum, nach dem gestrebt wird?).
Ko-Produktion im Bildungsbereich
Wie kann also Qualität in Bildungsprozessen gemessen werden? Was ist der Maßstab? Durchgesetzt hat sich die aus den Qualitätsmanagementphilosophien stammende Definition „Qualität ist, was der Kunde will“. Hier stellt sich jedoch gleich die erste Frage. Wer sind die Kunden der Kindertageseinrichtungen? Die Eltern oder die Kinder? In erster Linie sicherlich die Eltern, da sie die Plätze bezahlen und ihre Kinder gut versorgt wissen wollen. Kunden der Bildungsangebote sind jedoch die Kinder. Und die Qualität des Wissenserwerbes oder der Bildungsprodukte zu bestimmen ist keine leichte Aufgabe.
Im Bildungs- und Sozialbereich wird […] von einer Ko-Produktion des Bildungsproduktes [Wissen?] ausgegangen. Damit ist gemeint, dass die Produkte eines Bildungsprozesses nicht ausschließlich das Ergebnis der Produktionsform oder des Produktionsvorganges der Bildungseinrichtung sind […]. Was Lerner lernen können, ist in hohem Maße von ihnen selbst, und ihrer Umwelt beziehungsweise von Sozialisationsprozessen beeinflusst.
(Ehlers, 2009)
Nach Maleri (1997) ist die Qualität von Dienstleistungen von mehreren Eigenschaften gekennzeichnet. Ich habe versucht diese auf Bildungsprozesse umzumünzen:
- Qualität ist erst nach Inanspruchnahme sichtbar/ überprüfbar
- Qualität ist durch das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis in Bildungssituationen schwer zu standardisieren
- Qualität drückt sich bei Bildungsprozessen durch eine Zustandsänderung aus
- Der Zeitpunkt von Erstellung und Verwendung der Dienstleistung fallen zusammen. D.h. Der Lernprozess fällt zeitlich mit dem Lernangebot zusammen(pers. Anmerkung: Dies sehe ich kritisch. Lernprozesse können auch angestoßen und außerhalb gezielter Lernsituationen vollendet werden)
- Lernende sind aktiv am Entstehungsprozess beteiligt (Ko-Produktion)
- Das Lernergebnis kann erst nach erfolgtem Lernprozess gemessen werden
- Der Bildungsprozess hat kein festes, im vorhinein vorzeigbares, Bildungsergebnis
- Bildungsqualität: Bei Lernenden muss ein Bewusstsein für ihre eigene Verantwortung für das Entstehen von Lernqualität geschaffen werden
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Bildung ein interaktiver Prozess mit offenem Ausgang ist. Erst nach einem Angebot kann festgestellt werden, welches Wissen sich die Lernenden konstruiert haben. Deshalb ist eine hohe Teilnehmenden und Subjektorientierung Voraussetzung für gelingende Bildungsprozesse.
Im nächsten Artikel wird ein abschließender Blick auf verschiedene Qualitätsverständnisse, -modelle und -perspektiven geworfen.
Gedanken zur Qualität im Bildungsbereich II
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